Demutsübung

FehlerEine Lektorin sagte mir mal: „Ist das Buch auch noch so klein, passt immer noch ein Fehler rein.“ Wir haben herzlich gelacht.

Dieser Tage ist mir das Lachen grad ein wenig vergangen, und ich würde mich am liebsten in einem dunklen Loch verkriechen. Denn in einem fetten Buch finden sich immer noch wieder fette Fehler.
Nachdem nun so einige Freundinnen und Bekannte den Padre gelesen haben, und wir dann immer eher über die Fehler als über die Geschichte geredet haben, habe ich nun mal das nachgeholt, was ich im Herbst sträflicherweise vernachlässigt habe.

Damals hat mich eine meiner Eigenarten überrumpelt: Ich war zu ungeduldig, ich wollte den Padre abschließen, ihn in die Welt schicken, ihn gedruckt sehen – und daher habe ich damals das PDF (oder auch die Fahne) nicht mehr gelesen. Ich mochte auch nicht mehr, konnte den Text mitsprechen und es stand mir bis sonst wo.
Tja, hätte ich mal, hätte, hätte …

Nun habe ich die Anmerkungen der Freundinnen gesammelt und zusammengetragen (Danke für eure Unterstützung!) – und die ganze Geschichte noch mal von vorn bis hinten gelesen, und bin verdammt fündig geworden. Da war tatsächlich noch so einiges, was nicht hätte sein dürfen, von fehlenden Endungen (scheinbar kann ich keine -e an die Worte hängen), fehlenden oder zu vielen Worten, falschen Trennungen, einer verrutschten Anmerkung (die einzige die im Buch zu finden ist…) Verdrehungen, einem doppelten Satz, der so nicht sein sollte, bis hin zu echten inhaltlichen Schnitzern, die mir das Blut in die Wangen getrieben haben. Ich sage nur: falsche Figurennamen!

Mann.

Die vergangenen Tage waren meine ganz persönliche Karwoche, und habe ich echt an meinem Können gezweifelt. Dabei war ich so sicher und stolz gewesen, weil ich ein Lektorat und ein Korrektorat dran hatte, und hab immer im Brustton der Überzeugung behauptet, da könne nichts mehr dran sein. Denkste.

Das Fahnenlesen, das ich ja vom Übersetzen her eigentlich zur Genüge kenne, hat schon seine Berechtigung. Denn im Satz rutscht doch so einiges hin und her. Natürlich nicht die falschen Figurennamen – die hab ich während des Schreibens durch Umbenennung und Suchen-Ersetzen-Befehle selbst so richtig schön durcheinander gewirbelt. Manches hätte mir wirklich beim Überarbeiten schon auffallen müssen, hätte hätte …

Ich muss diese Erfahrung nun eher als Demutsübung ansehen: Es ist nie zu Ende. Und jegliche Häme über die Fehler und Unzulänglichkeiten in anderen Büchern werde ich mir in Zukunft verbitten, denn hinter jedem Text, jedem Buch sitzen doch nur Menschen, die in ihre Geschichten eintauchen, darin aufgehen, das Große und Ganze sehen und sich eben von lästigen Kleinigkeiten wie fehlenden Buchstaben nicht aufhalten lassen. Das ist total gut so, sonst würde nie ein Buch fertig werden.

Gleichzeitig heißt es aber auch, dass ich noch achtsamer sein muss mit Worten, Sätzen, Sprache, noch mehr im Duden nachschlagen sollte, nicht einfach aus dem Gefühl heraus etwas hinschreiben.
Auch habe ich gemerkt, dass der Abstand, mit dem ich meinen eigenen Text nun noch mal in Gänze in Buchform gelesen habe, gutgetan hat. Mir sind Dinge aufgefallen, die hätte ich in der Betriebsblindheit vom Herbst überhaupt nicht gesehen. Ich habe mich jetzt zurückgehalten, weiter inhaltlich einzugreifen, aber für ein mögliches neues Projekt weiß ich nun wieder ein paar Dinge mehr, die ich vermeiden sollte oder die ich heute anders machen würde. Auch über die Abläufe im ganzen Produktionsprozess bin ich mir nun klarer geworden, und ich habe eine Vorstellung, wie ich sie verbessern kann.

Die Fehler sind sicherlich kein Weltuntergang, auch lassen sie sich glücklicherweise immer noch korrigieren (was nur eben auch Zeit, Geld und Nerven kostet), unangenehm sind sie mir doch. Denn sie schieben sich wie ein Filter vor die Geschichte und lenken ab. Es ist wie mit meinem ehemaligen Job in der Zeitschriften-Redaktion: Nur wenn mir da Fehler durchgegangen sind, ist es aufgefallen. War alles schick, war meine eigentliche Arbeit unsichtbar. Hier scheint es ähnlich zu sein.

Die andere Furcht ist natürlich, dass man immer denkt, man vergrault die Leser_innen, handelt sich schlechte Kritiken ein, versemmelt es. Umso dankbarer bin ich für die Leser_innen, die über die Fehler hinwegsehen, die die Geschichte genießen konnten und sich angesprochen gefühlt haben.

Seit heute ist die neue Version, quasi österlich frühjahrsgeputzt, hochgeladen, und die kommenden Leser_innen werden hoffentlich nicht mehr über allzu viele Fehler stolpern. Denn ich ahne auch das: Es passen immer noch Fehler rein, egal, wie oft ich gegenlese. Aber dafür geht die Sonne jetzt in der Geschichte auch wieder im Osten auf …